Meldung vom 09.10.2007 

Insel der Ruhe und der Kraniche

Es ist jeden Herbst aufs Neue ein unvergleichliches Schauspiel, wenn sich 60.000 Kraniche an der Ostseeküste einfinden.

Die Nationalparkregion Vorpommersche Boddenlandschaft ist Europas zentrale Drehscheibe für den Kranichzug. Verweilen die Schreitvögel beim Frühjahrszug nur kurze Zeit in der Region, bleiben sie im Herbst bis weit in den November hinein. Auf den abgeerneteten Feldern futtern sie sich Reserven für den langen Weiterflug in die südlichen Winterquartiere an. Viele der rastenden Vögel nutzen dabei die seichten Boddenbuchten, die überschwemmten Wiesen und die futterreichen Felder der kleinen Insel Ummanz westlich von Rügen, die im Nationalparkgebiet liegt.

Seit 1901 ist Ummanz durch eine 250 Meter lange Brücke mit ihrer großen Schwester verbunden. Bei aller Verbundenheit, vieles unterscheidet Ummanz auch von Rügen: Kein Badetrubel, kein Touristenschwärme. Erholungssuchende finden hier - abgesehen vom markanten Kreischen der Kraniche - Ruhe im Überfluss. Dazu jede Menge Inselromantik: Einsame Buchten, verlassene Wege, kleine Weiler mit rohrgedeckten Häusern, die an die Bauern- und Fischertradition der Ummanzer erinnern, am westlichen Boddenufer glutrote Sonnenuntergänge.

Genauso wie Naturliebhaber zieht die Insel die Kraniche magisch an. Zum einen, weil die Tiere im sandigen Spülsaum gute Schlafplätze finden, zum anderen wegen der abgeschiedenen Lage. Wunderbar beobachten lässt sich der allabendliche Einflug der Vögel an ihrem Schlafplatz in der Udarser Wiek von einer massiv gezimmerten Aussichtsplattform nahe dem Inselörtchen Tankow - einer von nur sieben Ortschaften auf dem rund 20 Quadratkilometer großen Eiland. Entsprechend wenige Menschen trifft man hier an. In Tankow aber warten zwei Männer: "Die flachen Bodden in Küstennähe sind ideale und einzigartige Schlafplätze für einen Großteil der ziehenden europäischen Kraniche", erklärt Rico Nestmann. Der Tier- und Naturfotograf und Autor des gerade erschienenen Buches "Kranichrastplatz Ostseeküste" muss es wissen. "Die Boddengewässer bieten ideale Bedingungen und Schutz vor Feinden", ergänzt Georg Rüting. Auch er ist als Vorsitzender des Vereins zum Schutze und Erhalt des Kranichrastplatzes Rügen-Bock-Region ein Mann vom Fach. 80.500 Hektar des Gebietes seien 1990 per Verordnung als Nationalpark Vorpommersche Boddenlandschaft unter Schutz gestellt worden, sagt Rüting.

Damit Menschen die Kraniche beobachten können, ohne sie zu stören, wurden Beobachtungsplattformen wie in Tankow geschaffen. Das Nationalparkamt Vorpommersche Boddenlandschaft rät Besuchern, den Beobachtungsort abends vor dem Einflug der Kraniche aufzusuchen und erst dann wieder zu verlassen, wenn alle Vögel an ihren Schlafplätzen eingetroffen sind. Naturfreunde sollten daher nicht nur das Fernglas mitbringen, sondern auch genügend Zeit. In Waase, der Inselhauptstadt von Ummanz, können sich Besucher in einer Informationseinrichtung über die aktuelle Rastsituation informieren.

Und wer sich noch eingehender mit den Kranichen beschäftigen möchte, für den lohnt ein Abstecher von der Insel zum Kranichinformationszentrum Groß Mohrdorf nördlich der Hansestadt Stralsund. Es wird von der Projektgruppe "Kranichschutz Deutschland" betrieben wird und ist ganzjährig geöffnet. Von Wegbeschreibungen zu Hütten, in denen Fotografen die Tiere aus unmittelbarer Nähe vor die Linse bekommen, über aktuelle Rastzahlen bis hin zu den neuesten Forschungsergebnissen über den Kranicheinflug bietet das Zentrum alle wichtigen Daten und Fakten rund um die so genannten die Vögel des Glücks - die vor allem das Glück der Insel Ummanz und des Nationalparks Vorpommersche Boddenlandschaft sind.