Meldung vom 12.07.2016 

Drum prüfe, wer sich ewig bindet

• Vor dem Kauf eines Wohnmobils lohnt ein Urlaub auf Probe • Camper an die persönlichen Ansprüche anpassen

Viele haben ihn sich schon erfüllt, andere hegen ihn noch: Den Traum vom Urlaub im Reisemobil. Ähnlich wie bei der Sehnsucht nach einer Segel-Yacht schwingt hier die Erwartung an grenzenlose Freiheit, Ungebundenheit und Fernweh mit. Zwar kann man im Reisemobil im Gegensatz zum Schiff kaum seekrank werden, die Anschaffung eines eigenen Heims auf Rädern birgt dennoch Risiken und Nebenwirkungen. Denn so unterschiedlich die Vorstellungen der Feriengestaltung einzelner Urlauber sind, so unübersichtlich und verschieden sind die angebotenen Fahrzeuge. Da hilft selbst akribisches Studium der Grundriss-Vielfalt nicht – viele Camper stellen nach der ersten Ausfahrt fest: Das passt überhaupt nicht.
 
Da in der Regel aber ein hübsches Sümmchen beim Kauf fällig wird und der Händler bei Nichtgefallen eine Rücknahme eher verweigert, sollte ein Probewohnen vor Vertragsunterzeichnung klären, welche Fahrzeug-Gattung von Reisemobilen den eigenen Vorstellungen am ehesten entgegenkommt. Hunderte von Vermietern in Deutschland haben alle erdenklichen Typen im Programm, grundsätzlich aber kann man das Angebot in vier Klassen aufteilen.
 
Die Gruppe der Allrounder bilden die ausgebauten Kastenwagen. Sie stellen den Einsteiger am wenigsten vor Schwierigkeiten mit der ungewohnten Reiseform. Ihre Abmessungen entsprechen in etwa den Maßen eines großen Personenwagens, als Vans haben sie außerdem ein vergleichbares, unkritisches Fahrverhalten und einen sehr hohen Sicherheitsstandard. Auch Assistenzsysteme werden für sie in breitem Umfang angeboten. Ausgebaute Transporter oder Mini-Busse sind schnell und sparsam, passen – sofern sie nicht mit einem festen Hochdach, sondern mit einem aufklappbaren Hubdach ausgestattet sind – sogar in fast jede Tiefgarage und erst recht unter den Höhenbeschränkungs-Barken vor Parkplätzen durch, die größeren Mobilen die Zufahrt verwehren. Außerdem taugen sie aufgrund dieser hohen Alltagstauglichkeit als Erst- oder Zweitfahrzeug im Haushalt.
 
Verzichten muss man dagegen in einigen Modellen auf einen separaten Waschraum oder eine Toilette. Daher sind Campingplätze oder mit sanitären Anlagen ausgestattete Stellplätze ihr bevorzugtes Etappenziel. Die Ausrüstung mit einer Außendusche und einer Markise ist ratsam, das ist bei Sportausflügen und für die Wohnraumerweiterung hilfreich. Denn bei ihnen beginnt die Auslaufzone erst hinter der Schiebetür.
 
Teilintegrierte Reisemobile nutzen das Original-Fahrerhaus des Basis-Transporters und tragen einen Sonderaufbau auf ihrem Chassis. Das bringt mehr Platz im Innenraum, führt aber meist wegen des langen Radstands zu großen Wendkreisen. In engen Innenstädten der mediterranen Urlaubsregionen werden Teilintegrierte schnell unhandlich, die Parkplatzsuche in der City gestaltet sich obendrein schwierig, Parkhäuser sind tabu. Nutzer dieser Reisemobil-Gattung campieren daher meist vor den Toren der Stadt und setzen sich auf die mitgebrachten Fahrräder. Diese Mobile sind grundsätzlich mit Waschräumen und Toilette ausgestattet.
 
Gleiches gilt für integrierte Reisemobile, bei denen auf die Karosserie des Basisfahrzeugs vollständig verzichtet wird und ein Aufbau aus Holz, Kunststoff und Aluminium den Wohn- und Fahrerraum bildet. Auch sie bieten ein reichhaltiges Platzangebot, Raum wird allerdings aufgrund der direkt über dem Motor angeordneten Frontscheiben verschenkt. Rangieren will wegen des unübersichtlichen Aufbaus gelernt sein, eine Rückfahrkamera ist daher dringend angeraten.
 
Die letzte Gruppe bilden die aus der Mode gekommenen Alkoven-Mobile, die vor allem noch im Vermietgeschäft wegen ihres größeren Schlafplatzangebots zu finden sind. Der Alkoven über dem Fahrerhaus bietet eine Liegefläche für zwei, Doppel- oder Etagenbetten im Heck und der Umbau der Sitzgruppe in Wagenmitte steigert die Zahl der Schafplätze auf bis zu sieben. Wie auch die integrierten Fahrzeuge überschreiten Alkoven-Mobile meist ein zulässiges Gesamtgewicht von 3,5 Tonnen und fallen damit unter das Überholverbot und das Tempolimit für Lkw. Außerdem müssen sie in manchen Urlaubsländern wie der Schweiz oder in Österreich für die Autobahnnutzung eine Schwerverkehrsabgabe leisten. Ihr Treibstoffverbrauch ist wegen der großen Stirnfläche deutlich höher als der von Fahrzeugen anderer Kategorien.
 
Der Urlaub auf Probe lohnt auf jeden Fall, auch wenn die Mietpreise gerade in der Hauptsaison nicht eben günstig sind. Denn obwohl gerade ausgebaute Transporter äußerst wertstabil sind, würde der Käufer bei einem kurzfristigen Wiederverkauf mehr Geld verlieren als bei mehrwöchigen Test-Urlauben. 
 
Camper clever mieten
 
Leihgebühren für Reisemobile hängen stark von der Saison, Mietdauer und –ort ab. Zu verzeichnen ist ein Süd-Nord-Gefälle, in Bayern sind die Kosten durchschnittlich höher als in Mecklenburg-Vorpommern. Bei Last-Minute-Angeboten, die zwischen 240 und 375 Euro für ein Wochenende liegen, sind meist nur wenige Freikilometer inbegriffen. Es ist also zu berücksichtigen, ob die Anreise mit dem eigenen Wagen zum Miet-Ort lohnt. Allerdings sind die Kosten für das Ausleihen von Geschirr, Bettwäsche und Campingmöbel ebenfalls nicht zu unterschätzen.
 
Die stärksten Preisschwankungen verursachen die Jahreszeiten. In der Hochsaison im Sommer, die bei den meisten Vermietern Anfang Juli beginnt und bis Ende August dauert, und in den Schulferien sind die Preise schnell doppelt so hoch wie in der Nebensaison im Dezember und Januar. Am besten geeignet für einen Kurztrip sind daher Wochenenden im Frühjahr oder im Herbst. Wer länger als 20 Tage mieten kann mit einer Reduzierung des Gesamtpreises um bis zu 30 Prozent rechnen.
 
Im Auge behalten sollten Camper die Nebenkosten. Oft wird eine Endreini-i-gungspauschale erhoben, „besenrein“ müssen die Fahrzeuge grundsätzlich zurückgegeben werden. Die zusätzliche Service-Pauschale umfasst die Versorgung mit Camping-Gas, die Chemie für die Bordtoilette und die übliche Grundausstattung mit Stromkabel, Nivellierungskeilen und Wasserschlauch. Bei ausgebauten Transportern und Kastenwagen wird häufig eine zusätzliche Außenreinigung verlangt, was einen erheblichen Aufwand darstellt, da einige Vermietern das Befahren von automatischen Waschanlagen untersagen. Grundsätzlich jedoch ist deren Nutzung möglich, für eventuelle Schäden am Fahrzeug haftet der Waschstraßen-Betreiber.
 
Die zusätzliche Service-Pauschale umfasst die Versorgung mit Camping-Gas, die Chemie für die Bordtoilette und die übliche Grundausstattung mit Stromkabel, Nivellierungskeilen und Wasserschlauch.
 
Immer muss eine Kaution hinterlegt werden, die schnell vierstellige Höhen erreicht. Empfehlenswert ist daher der Abschluss einer Vollkasko-Versicherung und die Aufnahme eindeutiger Übernahme- und Abgabe-Protokolle, die vorhandene Schäden beziehungsweise Schadenfreiheit dokumentieren.
 
Vermiet-Station finden
 
Wer für seinen Urlaub oder für ein Wochenende zum Probewohnen ein Reisemobil mieten will, wird bei den meisten Reisemobil-Händlern fündig, auch viele Hersteller von Reisemobilen und die Automobil-Clubs unterhalten Miet-Flotten. Die Anfrage über die einschlägigen Suchmaschinen im Internet hat Hunderte von Mietstationen und Angebote zur Folge. Hier lassen sich die einzelnen Angebote am besten vergleichen und außerdem gleich online buchen.
 
Wer seinen eigenen Hausrat wie Bettwäsche und Geschirr nutzen will, sollte auch durchaus entferntere Mietstationen in Augenschein nehmen, die sich auf dem Weg zum oder direkt am Reiseziel befinden. Die Anreise im eigenen Auto ist meist komfortabler als mit einem großen Reisemobil, zumindest wenn es sich um integrierte oder Alkoven-Fahrzeuge handelt. Sie haben einen höheren Treibstoffverbrauch, und sind gegebenenfalls aus Gewichtsgründen an das Lkw-Tempolimit gebunden. Außerdem kann der eventuelle Mietpreis-Unterschied das Ausflugs-Budget entlasten.