Meist waren es junge Künstlerinnen und Künstler, die ihre Ateliers und die Zwänge der Akademien in den Großstädten verließen und zum Malen und Zeichnen in die unberührte Natur, zu Fischern und Bauern kamen. Neben den bekanntesten Künstlerkolonien in Barbizon bei Paris, im dänischen Skagen oder in Worpswede bei Bremen zog es viele Maler auch in die Küstenorte an Nordsee und Ostsee. In Ekensund an der Flensburger Förde trafen sich ab 1882 Künstler um den Fotografen Wilhelm Dreesen, der Maler Heinrich Blunck ließ sich 1923 in Heikendorf an der Kieler Förde nieder und zog zahlreiche weitere Kollegen an. Schriftsteller und Literaten entdeckten Kampen auf Sylt für sich und trafen hier auf die illustre Gesellschaft von Rudolf Augstein, Axel Cäsar Springer, Ernst Rowohlt, Berthold Beitz, Werner Höfer und anderen. Heute lässt die Künstlerkolonie Hungriger Wolf, die jüngst ihren ersten Geburtstag feierte, die Tradition des gemeinsamen Arbeitens und Austausches wieder aufleben.
Künstlerkolonie Ekensund: Vom hohen Norden zur Kunstelite des Kaiserreiches.
Die Landschaft an der Flensburger Förde, die Fischerei und der Betrieb auf dem Fjord im hohen Norden faszinierte Ende des 19. Jahrhunderts immer mehr Künstler und Künstlerinnen. Sie folgten den Malern Louis Gurlitt und C. Eckersberg, die die Gegend um Ekensund am Nordufer der Flensburger Förde während der Deutsch-Dänischen Kriege für ihre Malerei entdeckt hatten. Junge Maler wie Theodor Sander, Jacob Nöbbe, Heinrich Rasch und Heinrich-Petersen Angeln, die in der Nähe der Flensburger Förde aufgewachsen waren, brachten Künstler von den Akademien aus Berlin, Weimar und Düsseldorf mit nach Ekensund, darunter auch den schon berühmten Landschaftsmaler Eugen Dücker. Seit 1882 traf sich eine feste Gruppe von Malern um den Flensburger Fotografen Wilhelm Dreesen, im Laufe der 1880er Jahre besuchten Mitglieder anderer Künstlerkolonien und der nationalen Kunstszene Ekensund, so dass Schleswig-Holstein mit der Künstlerkolonie Anschluss an die Kunstelite des Deutschen Kaiserreiches fand. Zentraler Treffpunkt der Künstler war der Gasthof „Schumann“. Als dieser Anfang des 20. Jahrhunderts verkauft wurde, die nachfolgende Maler-Generation nur noch Künstler aus dem Landesteil Schleswig zuließ und ideologisch besetzte „Heimatkunst“ schuf, verschwand das Gemeinschaftsgefühl und es kamen immer weniger Künstler an die Förde. Als Ekensund in Folge der Grenzabstimmung wieder Teil des dänischen Staates wurde, löste sich die Künstlerkolonie endgültig auf. Werke der Maler von Ekensund sind in der Gemäldegalerie des Museumsbergs Flensburg zu sehen.
Der Museumsberg Flensburg ist von April bis Oktober dienstags bis sonntags von 10 bis 17 Uhr und donnerstags bis 20 Uhr geöffnet. Von November bis März ist das Museum dienstags bis sonntags von 10 bis 16 Uhr und donnerstags bis 20 Uhr geöffnet.
Museumsberg Flensburg, Museumsberg 1, 24937 Flensburg, Tel. 0461/852956, museumsberg@flensburg.de, www.museumsberg.flensburg.de.
Spätimpressionisten und Expressionisten in der Künstlerkolonie Heikendorf.
Das Ostseebad Heikendorf mit seinen idyllischen Buchten und ursprünglichem Fischerhafen an der Kieler Förde ist ein beliebter Wohn- und Ferienort für Kieler und Urlaubsgäste. Um die Jahrhundertwende entdeckte eine Künstlergruppe um den Maler Heinrich Blunck den idyllischen Ort an dem engsten Abschnitt der Kieler Förde für sich. Zusammen mit seiner Frau erwarb Blunck im Jahr 1923 ein Haus mit weitläufigem Garten in Heikendorf. Nach und nach errichteten sich weitere Künstler aus Schleswig-Holstein wie Werner Lange, Georg Burmester, Rudolf Behrend und Oskar Droege hier ihre Ateliers, die durch Bombenangriffe im Zweiten Weltkrieg zum großen Teil zerstört wurden. Nur das Wohn- und Atelierhaus Heinrich Bluncks blieb erhalten und wurde zum Museum umgebaut. Heute bildet es den Kern des Künstlermuseums Heikendorf. In der Sammlung sind Werke von Heinrich Blunck, Rudolf Behrend, Georg Burmester, Oskar Droege, Karin Hertz, Werner Lange und Fritz Stoltenberg zu sehen, die neue Ausstellungshalle präsentiert in Wechselausstellungen zeitgenössische Künstler.
Das Künstlermuseum Heikendorf ist dienstags bis samstags von 14 bis 17 Uhr und sonntags von 11 bis 17 Uhr geöffnet.
Künstlermuseum Heikendorf - Kieler Förde, Teichtor 9, 24226 Heikendorf, Tel. 0431/248093, kuenstlermuseum@t-online.de, www.kuenstlermuseumheikendorf.de
Literaten-Treff in Kampen auf Sylt.
Anfang des 20. Jahrhunderts, als das heute mondäne Kampen auf Sylt nur wenige hundert Einwohner zählte, entstand unter der Ägide des Schriftstellers und Herausgebers Ferdinand Avenarius im „Gasthaus zum rothen Kliff“ die nördlichste Künstlerkolonie Deutschlands. Künstler und Intellektuelle wie Emil Nolde und Thomas Mann fühlten sich von dem ursprünglichen Charme des Dorfes mit seinen reetgedeckten Friesenhäusern, wilden Heide- und spektakulären Dünenlandschaften angezogen. Einen Hauch vergangener Zeiten können Gäste im „Dorfkrug Rotes Kliff“ schnuppern, dem ehemaligen „Gasthaus rothes Kliff“ (www.dorfkrug-kampen.de). Später trug auch der Maler Siegward Sprotte wesentlich zum Ruf Kampens als Künstlerdorf bei. Einen prägenden Eindruck auf Sprotte hinterließ eine Begegnung mit Emil Nolde, ab 1945 verbrachte er die Hälfte des Jahres in Kampen, wo er sein Atelier und die Ausstellungsgalerie gründete. Hier veranstaltete er 50 Jahre lang die „Kampener Ateliergespräche“. Nach Sprottes Tod im Jahr 2004 führt seine Frau Cosmea die Galerie mit der Sammlung Sprotte und zeitgenössischer Kunst mitten in Kampen, die auch durch ihre erfrischend klare Architektur auffällt (www.falkensteinfineart.com).
Sylt Marketing, Tel. 04651/82020, info@sylt.de, www.sylt.de
Künstler-Treff Grethjens Gasthof auf Föhr.
„Nee, einmal hatten wir einen Maler, wir wollen nie wieder einen hier haben!“ Kapitäns-Frau und Gastwirtin Grethjen Hayen hatte scheinbar nicht viel Freude mit Jakob Alberts, der um 1900 in ihrem Gasthof auf Föhr abgestiegen war. „Grethjens Gasthof“ in Alkersum blieb trotzdem Künstler-Treffpunkt — das einzigartige Licht auf der Nordseeinsel und die von der Industrialisierung unberührte Landschaft zog Maler wie Otto Heinrich Engel, Mitbegründer der Berliner Secession und Ludwig Dettmann auf das abgelegene Eiland. Seit 2009 sind ihre Werke und die vieler weiterer norddeutscher und skandinavischer Maler des 19. und beginnenden 20. Jahrhunderts dauerhaft im Museum Kunst der Westküste zu sehen, das sich in Alkersum auf Föhr um Grethjens Gasthof herum gruppiert. Die Hallig-Bilder von Jakob Alberts, der Grethjen Hayen so verstimmte, sind ebenso zu sehen wie Werke von Max Liebermann, Max Beckmann, Emil Nolde, Edvard Munch, Anna und Michael Ancher, Christian Krohg, Jozef Israëls, Hendrik Willem Medsag und den nordfriesischen Malern Otto Heinrich Engel und Hans P. Feddersen, die durch Positionen zeitgenössischer Künstler ergänzt werden. Grethjens Gasthof wurde mit vielen architektonischen Zitaten an skandinavische Herrenhäuser aus der Zeit um 1900 und an das Originalhaus an seinem ursprünglichen Standort wieder errichtet. Das lichtdurchflutete Restaurant mit dem wunderschönen Museumsgarten soll wie zu Zeiten seiner resoluten Besitzerin wieder zum sozialen Kern des Dorfes werden — und Künstlern und Kunstfreunden Raum für neue Gedanken und zum Austausch geben.
Museum Kunst der Westküste, Hauptstraße 7, 25938 Alkersum/Föhr, Tel. 04681-74740-11, info@mkdw.de, www.mkdw.de
Künstlerkolonie Hungriger Wolf in Hohenlockstedt.
Durch lange Gänge voller Kunst schlendern, Künstlern über die Schulter schauen und Kunstwerke für Zuhause erstehen können Besucher der Künstlerkolonie Hungriger Wolf in Hohenlockstedt. Mehr als 50 freischaffende Künstler beherbergt die ehemalige Kaserne bei Itzehoe, die sich verteilt auf zwei Stockwerke austauschen und gegenseitig inspirieren. Im August feierte die Künstlergruppe, die in ihren Ateliers Grafik, Fotografie, Collagen, Bildhauerei und Objektkunst bis hin zu Schmuck- und Textil-Design präsentiert, ihr einjähriges Bestehen.
Künstlerkolonie Hungriger Wolf, Towerstraße 11 — 11A, 25551 Hohenlockstedt / Flugplatz Hungriger Wolf, www.kuenstlergruppe-hungrigerwolf.de