Meldung vom 25.03.2015 

Ein Fest der Traditionen

Franken feiert sein lebendiges Brauchtum

- Farbenfrohe und berührende Osterbräuche
- „Meistertrunk“ und wilde Horden: Historienspiele aus der Zeit des Dreißigjährigen Kriegs
- Bierkultur „auf dem Keller“
- Küchle und Kerwabaum: Franken feiert Kirchweih
- Festtage für Weingenießer

Ostern als höchstes kirchliches Fest markiert im fränkischen Brauchtum eine Wende: Stehen in der Karwoche noch ruhige, aber bewegend zelebrierte Traditionen im Mittelpunkt, beginnt mit dem Osterfest wieder die Zeit der fröhlichen Feste, die im Zeichen der typisch fränkischen Feierlust stehen. Weintradition und Biergeschichte, Kirchweihen und historische Ereignisse geben Anlass zum fröhlichen Beisammensein. Im Lauf der Jahrhunderte haben sich zahlreiche Traditionen entwickelt, die in Franken mit viel Herzblut zelebriert werden.

Festtagsschmuck zur Osterzeit
Bunt und fröhlich heißt Franken den Frühling willkommen, wenn kurz vor Ostern die Brunnen ihr Festtagsgewand anlegen. Grüne Kronen, farbenfrohe Bänder und Tausende von handbemalten Eiern schmücken bis rund zwei Wochen nach Ostern die Brunnen und Quellen. Dieser Brauch weist darauf hin, wie wertvoll früher die Wasserstellen auf der trockenen Hochfläche des fränkischen Jura waren. In Bieberbach in der Gemeinde Egloffstein bilden über 12.000 Hühner-, Enten- und Gänseeier das größte dieser Brunnenkunstwerke, rund 200 weitere Osterbrunnen warten allein in der Fränkischen Schweiz auf Entdeckung (www.fraenkische-schweiz.de). Mancherorts ist der Brauch auch im Nürnberger Land, im Steigerwald, im Naturpark Altmühltal oder im Romantischen Franken anzutreffen.

Ostereier finden in Franken aber auch eine ganze andere Verwendung, wenn am Ostersamstag Naila zum „Eierwalchen“ einlädt. Die Regeln sind einfach: Jeder Teilnehmer schickt ein hartgekochtes Ei ins Rennen. Das Ei, das am schnellsten und weitesten den Hügel hinunter rollt, gewinnt. Der Besitzer wird „Walchkönig“ und darf alle anderen Eier mit nach Hause nehmen (www.naila.de).

In Rothenburg ob der Tauber gesellt sich am Ostersonntag (5. April 2015) zu den geschmückten Brunnen eine weitere farbenprächtige Tradition: der Schäfertanz. Die Wurzeln dieses Figurentanzes reichen bis ins Jahr 1472. Die jungen Burschen tragen dazu eine Tracht mit ledernen Kniebundhosen und einen Dreispitz, der mit farbigen Bändern geschmückt ist. Die Mädchen legen Biedermeierkleider an und setzen Schutenhüte auf, unter denen ihre Schillerlöckchen hervorspitzen. Auch an den Pfingstfeiertagen oder an den Reichsstadt-Festtagen wird dieser traditionsreiche Tanz gezeigt (www.schaefertanzrothenburg.de).

„Ernste Krippen“ zur Passionszeit
In Franken prägen natürlich auch religiöse Bräuche die Osterzeit. Das zeigt sich zum Beispiel bei den aufwendigen Karfreitagsprozessionen. In Lohr am Main im Spessart-Mainland wird das Leiden Christi bereits seit über 350 Jahren mit Bildern und Statuen dargestellt, die am Karfreitag (3. April 2015) durch die Straßen getragen werden (www.karfreitagsprozession.de). In Neunkirchen am Brand, mitten in der Fränkischen Schweiz, symbolisieren bei der Karfreitagsprozession neun lebensgroße, holzgeschnitzte Holzfiguren das Leiden Jesu (www.neunkirchen-am-brand.de). Viele Pilger zieht es auch zur Adelgundiskapelle auf dem Staffelberg im Oberen Maintal-Coburger Land: Die dortige Osterkrippe mit ihren drei beweglichen Figurengruppen ist außergewöhnlich. Solche „ernsten Krippen“, die biblische Geschichten wie den Einzug in Jerusalem oder die Passion Christi darstellen, kennt man heute kaum noch, in Franken hat sich der Brauch jedoch erhalten. In Bamberg sind zwischen dem 28. März und dem 13. April 2015 in verschiedenen Kirchen Passionskrippen zu sehen (www.bamberg.info). Das Forchheimer Pfalzmuseum beschäftigt sich in seiner Osterausstellung sowohl mit Osterbrunnen als auch mit österlichen Krippen (20. März bis 12. April 2015, www.forchheim.de).

Zwischen Maibaum und Meistertrunk
Nach den Osterfeiertagen zeigen sich die fränkischen Bräuche wieder ganz von ihrer fröhlichen Seite – viele Orte feiern das Aufstellen des Maibaums am 30. April oder 1. Mai oder laden zum Tanz in den Mai. Auch historische Feste haben jetzt Saison. Den Anfang macht Kronach mit dem Viertelmeister-Tag (17. April 2015): In der alten Markthalle berichten die „Viertelmeister“ dem Bürgermeister, was sich im vergangenen Jahr in ihren Stadtvierteln zugetragen hat, danach wird getanzt und gefeiert (www.kronach.de).

Rothenburg ob der Tauber unternimmt zu Pfingsten eine Zeitreise ins Jahr 1631. Vom 22. bis 25. Mai 2015 erlebt man hier Belagerung, Besatzung und Rettung der Stadt im Dreißigjährigen Krieg. Höhepunkt ist der große Heereszug am Pfingstsonntag (24. Mai 2015) mit über 600 Mitwirkenden. Mehrmals wird auch das Historienspiel „Der Meistertrunk“ aufgeführt. In seinem Zentrum steht die Rettung der Stadt vor der Zerstörung, indem der Rothenburger Bürgermeister Nusch auf einen Zug mehr als drei Liter Frankenwein austrank (www.tourismus.rothenburg.de).

Wilde Landsknechte und ein zarter Puderduft
Im Dreißigjährigen Krieg hat auch die Dinkelsbühler Kinderzeche (17. bis 26. Juli 2015) ihre Wurzeln. Ein Historienspiel zeigt, wie die Dinkelsbühler Kinder die Stadt vor der Plünderung bewahrten (www.kinderzeche.de). In Altdorf dreht sich alles um den berühmten Feldherrn Wallenstein, der an der örtlichen Universität studierte. Bei den Wallensteinfestspielen (27. Juni bis 26. Juli 2015), die nur alle drei Jahre stattfinden, kommen im Hof der alten Universität Schillers Klassiker und das Volksstück „Wallenstein in Altdorf“ zur Aufführung. Dazu verwandelt sich die Stadt an den Wochenenden in ein riesiges Feldlager, in dem sich wilde Landsknechte, Kroaten, Schweden, Zigeuner und viele weitere Gruppen tummeln (www.wallenstein-festspiele.de).

Weit „gesitteter“ geht es in Ansbach zu: In der Markgrafenstadt liegt vom 3. bis 5. Juli 2015 ein Hauch von Puder und Parfüm in der Luft, im Hofgarten versammeln sich Damen in prächtigen Reifröcken und Herren mit gepuderten Perücken – die Rokoko-Festspiele laden mit Maskenfest, Galadiner und königlichem Besuch zu einer Zeitreise ins 18. Jahrhundert ein (www.rokoko-festspiele.de).

Wehrhafte Bürger in Hof und Königsberg
In Königsberg i. Bay. stellt Pfingsten ebenfalls einen ganz besonderen Festtag für das Brauchtum dar. Von Freitag bis Dienstag wird das Pfingstfest mit Jahrmarkt und Festbetrieb gefeiert. Sein Höhepunkt ist der Auszug der Bürgerwehr am Dienstag (26. Mai 2015): Bereits morgens um halb neun finden sich die Bürger mit blumengeschmückten Gewehren oder Spazierstöcken auf dem Marktplatz ein. Anschließend marschiert die Bürgerwehr durch die festlich dekorierte Altstadt (www.koenigsberg.de). Die Stadt Hof erinnert am 1. Juni 2015 beim „Schlappentag“ an die Wehrhaftigkeit ihrer Bürger: Nachdem die Stadt 1430 von den Hussiten gestürmt worden war, mussten die Hofer Bürger sich an den Waffen üben, kamen dieser Pflicht aber recht unwillig nach. Erst als Bier dazu ausgeschenkt wurde, freundeten sie sich damit an – und noch heute fließt es zum „Schlappentag“ reichlich (www.stadt-hof.de).

Brauereivielfalt mit Tradition
Überhaupt sind viele Traditionen in Franken untrennbar mit dem fränkischen Bier verbunden. So verhält es sich auch am „Tag des Bieres“ (23. April 2015), der an den Erlass des Bayerischen Reinheitsgebots im Jahr 1516 erinnert. Vor allem Bamberg zeigt sich an diesem Tag als wahre Bierstadt: Im 19. Jahrhundert waren hier 65 Brauereien ansässig, neun verankern auch heute noch Bambergs Ruf als Bierstadt. Die Spezialitäten der Bamberger Brauereien kann man am „Tag des Bieres“ auf dem Maxplatz verkosten (www.bamberg.info/tagdesbieres). Nürnberg hingegen lädt in den „längsten Biergarten der Welt“: Das „Fränkische Bierfest“ (3. bis 7. Juni 2015) findet im Burggraben zu Füßen der Kaiserburg statt. Über 40 fränkische Brauereien präsentieren hier ihre Biere (www.bierfest-franken.de).

Gleich zwei Traditionen kommen bei der „Kulmbacher Bierwoche“ (25. Juli bis 2. August 2015) zusammen: Zur Eröffnung des beliebten Festes in der „heimlichen Hauptstadt des Bieres“ findet auf dem Marktplatz der Büttnertanz statt, dessen Wurzeln bis in die Pestzeit zurückreichen. Damals war die Stimmung in der Stadt so gedrückt, dass niemand mehr feierte und Bier trank – und die Büttner somit keine Aufträge mehr bekamen. Mit ihren Tänzen wollten sie deshalb den Kulmbachern die Lebensfreude zurückgeben. 2015 feiert der Kulmbacher Büttnerverein sein 250-jähriges Jubiläum, Besucher dürfen sich also auf einen ganz besonderen Auftritt freuen (www.kulmbacher.de).

Ein frisches Seidla „auf dem Keller“
Sobald es wärmer wird, lebt die entspannteste fränkische Biertradition wieder auf: Die Bierkeller locken. Dabei zieht es die Franken nicht in, sondern vielmehr „auf den Keller“. In kühlen Felsenkellern, die unter schattenspendenden Bäumen liegen, wurde früher im Sommer das Bier gelagert. Die praktisch denkenden Franken ließen sich ihr „Seidla“ Bier daraufhin gleich vor Ort ausschenken. So entstanden wunderbar gemütliche Bierkeller. Spitzenreiter in Sachen Bierkeller ist Forchheim mit 24 Wirtschaften im Kellerwald. Entstanden ist diese Oase für Biergenießer aus einer Wallfahrt am Tag der Heiligen Anna. Heute lädt das Annafest (24. Juli bis 3. August 2015) mit Fahrgeschäften und vielen Ständen in den Kellerwald (www.forchheim.de). In Erlangen heißt es „Der Berg ruft!“ – und dieser Aufforderung zur Bergkirchweih (21. Mai bis 1. Juni 2015) folgen jedes Jahr Tausende von Besuchern. Ihr Ziel: der Burgberg mit seinen zahlreichen Kellern (www.berch.info).

Kirchweihsaison von April bis November
Überhaupt ist die Kirchweih – auch „Kerwa“, „Kärwa“ oder „Kirwa“ genannt – in vielen fränkischen Orten der Festhöhepunkt des Jahres. Obwohl die Obrigkeit bereits im 19. Jahrhundert einen festen Kirchweihtermin im Oktober festlegte, damit das ausgelassene Treiben nicht überhandnahm, feiern die Franken bis heute am Jahrestag der Kirchenweihe oder um den Tag des Kirchenpatrons mit kulinarischen Spezialitäten, fränkischem Bier und zahlreichen Bräuchen. Mancherorts wird zum Beispiel ein mit Stroh verkleideter junger Bursche als „Kärwa-Bär“ durch den Ort getrieben, Kirchweihbäume werden aufgestellt und auch Tänze der „Kerwabuam“ und „Kerwamadli“ stehen auf dem Programm. Schon im April beginnt die Kirchweih-Saison und dauert bis in den November hinein.

Eine ganz traditionelle „Kerwa“ erlebt man zum Beispiel am 3. Mai 2015 im Freilandmuseum Bad Windsheim (www.freilandmuseum.de) im Steigerwald. Die bekannteste fränkische Kirchweih ist neben der Erlanger Bergkirchweih die Sandkerwa in Bamberg (20. bis 24. August 2015; www.sandkerwa.de). Eine ganz besondere Tradition hat sich Limmersdorf in der Fränkischen Schweiz bewahrt: Hier tanzen die jungen Burschen und Mädchen bei der Lindenkirchweih (29. August bis 1. September 2015) in der Krone der alten Tanzlinde (www.frankentourismus.de/veranstaltungen). Die Königin der Kirchweihen ist die Michaelis-Kirchweih in Fürth (3. bis 14. Oktober 2015): Bei der größten Straßenkirchweih Bayerns feiert man nicht auf einem eigenen Festplatz, sondern mitten in den historischen Straßen der Kleeblattstadt (www.michaelis-kirchweih.de).

Verführerische Küchentraditionen
Kulinarisch gehören zur Kirchweih vor allem die „Küchle“, ein süßes Schmalzgebäck, das mit Puderzucker bestreut wird. Es heißt, dass der Küchleteig früher von den Bäckerinnen übers Knie gezogen wurde, damit er in der Mitte schön dünn wurde – die typische Form mit dem knusprigen „Fenster“ und dem goldbraunen Rand haben die süßen Gebäckstücke jedenfalls noch heute. Natürlich dürfen auch deftige Spezialitäten nicht fehlen. Hier spielt die Bratwurst eine wichtige Rolle, deren Zubereitungsart von Region zu Region variiert und die man gern handlich im Brötchen oder mit Kraut genießt. Wer es deftig liebt, bestellt aber auch gern ein „Schäufele“: Die knusprig gebratene Schweineschulter ist ein echtes fränkisches Nationalgericht und wird am liebsten mit Kartoffelkloß serviert.

Manche regionale Delikatesse wird in Franken regelrecht gefeiert, zum Beispiel das „Altmühltaler Lamm“. Schließlich sind die Herden der Wanderschäfer auch für das südländische Flair des Naturparks Altmühltal verantwortlich, denn sie halten die typischen Wacholderheiden frei von Bäumen und Büschen und bewahren damit einen einzigartigen Lebensraum. Am 16. und 17. Mai 2015 warten beim „Altmühltaler Lamm“-Auftrieb in Mörnsheim zahlreiche schmackhafte Delikatessen aus erstklassigem Lammfleisch; ein Handwerkermarkt mit vielen Lammprodukten, Schurvorführungen und Führungen über die Wacholderheide runden das Programm ab (www.naturpark-altmuehltal.de/veranstaltungen).

Weinfeste vom Feinsten
Lange Tradition hat in Franken der Weinbau. Als älteste Weinstadt gilt Hammelburg, dessen Weinberge schon im Jahr 777 urkundlich erwähnt wurden. Bereits 1728 füllte man im Würzburger Bürgerspital den Wein in den typischen Bocksbeutel – die ungewöhnliche Flaschenform sollte wohl Schutz vor Fälschungen bieten. Heute reifen neben typisch fränkischen Rebsorten wie Silvaner und Müller-Thurgau eine Vielzahl verschiedener Weine an Frankens sonnigen Hängen. Im Frühling beginnt die Zeit der Weinfeste. Besonders stimmungsvolle Termine, bei denen nicht nur der Wein, sondern auch Ambiente und Verköstigung überzeugen, finden Weingenießer unter dem Siegel „Franken – Wein. Schöner Land!“. Ob „Weinkost am Seegarten“ in Wiesenbronn (24. Mai 2015), „Wein- und Gaumenfreuden“ in Hammelburg (13. bis 15. Juni 2015) oder „Wein & Main“ in Sand am Main (20. bis 22. Juni 2015) – auf jedem der zahlreichen Feste präsentieren einheimische Winzer vor Ort ihre Spezialitäten und geben auch gern Auskunft über ihr Weinangebot (www.franken-weinland.de).