▪ Beim Individualurlaub gibt es weniger Kontaktoptionen als zuhause
▪ Kontaktarmer Urlaub ist längst realisierbar
▪ Familien brauchen dringend eine Pause, um neue Kraft zu schöpfen
Der Deutsche Ferienhausverband e.V. und der Bundesverband der Campingwirtschaft in Deutschland e.V. wenden sich in einem gemeinsamen offenen Brief an die Bundeskanzlerin. In dem Schreiben nehmen die Verbände Stellung zu den kürzlich getroffenen Aussagen Merkels, dass der Begriff „kontaktarmer Urlaub“ in Bezug auf Ferienwohnungen und Campingurlaub irreführend sei. Die Bundeskanzlerin hatte in der Fragestunde ausgeführt, dass der Begriff „kontaktarmer Urlaub“ deshalb irreführend wäre, weil Familien im Urlaub weitere Kontakte hätten. Beide Verbände klären darüber auf, wie der kontaktarme Urlaub auf dem Campingplatz oder im Ferienhaus aussieht.
Der Campingtourismus ist kein Pandemietreiber. Schon die Anreise der Gäste erfolgt individuell im eigenen Kfz. Nach Vorausbuchung im Internet lässt sich der Check-In kontaktlos gestalten: Durch elektronische Nummernschilderkennung erfolgt der Zugang zum Camping- oder Wohnmobilstellplatz automatisch. Der jeweilige Standplatz oder die Wohneinheit werden einzeln genutzt und Abstände sind ohnehin durch baurechtliche Vorgaben und Brandschutzmaßnahmen vorgegeben. Gemeinschaftlich genutzte Sanitärbereiche verfügen über Einzelkabinen und entsprechende Lüftungskonzepte. Die Mobilität auf der Anlage bzw. im Gebäudekomplex selbst kann genauso sicher gewährleistet werden, wie dies im Außenbereich von Zoos und im Innenbereich des Einzelhandels der Fall ist.
„Wir haben im vergangenen Sommer, als es in Deutschlands Urlaubsdestinationen eng wurde, erlebt, wie diszipliniert und verantwortungsvoll sich die Menschen verhalten haben. Durch Hygienekonzepte und Anpassungen im Betriebsablauf ist ein kontaktarmer Urlaub in der Praxis längst realisierbar. Die Betriebe unserer Branchen sind seit November 2020 geschlossen und haben nachweislich nicht zu den Infektionszahlen im Winter und dem aktuellen Wachstum beigetragen. Wir können es nicht nachvollziehen, dass die Schutz- und Hygienekonzepte unserer Mitgliedsbetriebe in den laufenden Diskussionen ignoriert werden. Wir sehen aber sehr wohl die negativen Folgen unseres nun schon fünf Monate andauernden Berufsverbots“, ergänzt der BVCD-Präsident Dr. Gunter Riechey.
Nicht anders sieht es im Bereich der Ferienwohnungen aus: Familien machen im Ferienhausurlaub nichts anderes als zuhause, nur, dass sie sich im Schwarzwald, in der Lüneburger Heide oder in Ostfriesland befinden und weniger Kontaktmöglichkeiten haben als zuhause, heißt es in dem Schreiben. Gäste buchen und bezahlen online, packen ihre Koffer in den eigenen PKW, kaufen vorher Proviant im heimischen Supermarkt, holen sich am Ferienhaus den Schlüssel aus dem Tresor und schließen die Tür zu ihrer gereinigten und desinfizierten Ferienwohnung aus. Sie verbringen ihre Tage an der frischen Luft, am Strand und in den Bergen, genießen Spieleabende bei Pizza am Kamin, tanken Kraft durch neue Eindrücke, haben Zeit füreinander, können die psychischen Strapazen hinter sich lassen und bleiben dabei ganz für sich. Immer häufiger wenden sich aktuell verzweifelte Familien an die Verbände, weil sie einen Tapetenwechsel dringend nötig haben. Die Gefahr, dass sich nun neue Konstellationen am Urlaubsort bilden, sehen die Verbände nicht. Den Familien würde unterstellt, dass sie sich mit einem Ortswechsel ihrer Verantwortung nicht mehr bewusst wären, dass sie während einer Pandemie im Urlaub gezielt Kontakte zu anderen Familien suchten, um sich zu amüsieren. Doch bei wachsendem psychischem Druck ist die Urlaubsintention eine andere.
„Familien halten sich seit Monaten mit viel Energie an alle Regeln, stemmen die Belastung aus Homeoffice, Homeschooling und Kinderbetreuung und sehen sich nach Monaten im Lockdown am Limit ihrer Kräfte. Sie müssen mal raus, brauchen einen Tapeten- und Landschaftswechsel, um sich zu erholen und mentale Stärke zurückzugewinnen“, sagt DFV-Vorsitzender Göran Holst. „Es ist nicht anzunehmen, dass sie am Urlaubsort plötzlich unkontrolliert über die Stränge schlagen, alle Maßnahmen ignorieren und sich und ihre Kinder bewusst gefährden. An dieser Stelle wäre ein bisschen mehr Vertrauen angebracht.“ Das RKI hat zudem bestätigt, dass ein Großteil der Infektionen im privaten Bereich stattfindet, während bei touristischen Übernachtungen ein sehr geringes Infektionsrisiko besteht. Osterferien zuhause mit einer Vielzahl an Kontaktoptionen müsste demnach ein höheres Risiko darstellen als ein Osterurlaub bei frühlingshaften Temperaturen an der See.
Laut einer Umfrage des ifo-Instituts im Februar sind die Branchen, die am längsten und umfassendsten vom Lockdown betroffen sind, überproportional von der Insolvenz bedroht. Beherbergungsbetriebe stehen an zweiter Stelle.
>> Gemeinsamer offener Brief an Bundeskanzlerin Merkel <<